Binnendifferenzierung

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Binnendifferenzierung oder auch innere Differenzierung bezeichnet die individuelle Förderung von Lernenden innerhalb einer Lerngruppe. Im Gegensatz dazu beschreibt die Außendifferenzierung oder äußere Differenzierung eine Aufteilung in nach einem bestimmten Merkmal homogene Lerngruppen z.B.: Alter, Geschlecht oder Interesse, Leistungsvermögen. Bei der Binnendifferenzierung wird die Heterogenität der Lerngruppe angenommen und als Chance für einen größtmöglichen Lernerfolg gesehen. Eine Herausforderung der Binnendifferenzierung stellt eine teilweise Auflösung des gleichschrittigen Lernens dar. Weiterhin sollte die "Schere" zwischen leistungsschwachen und leistungsstarken Lernenden akzeptiert und im Sinne einer Begabtenförderung gefördert werden [1]

Gründe für Differenzierung

Unterricht in Jahrgangsklassen kann sich nur am Durchschnitt orientieren. Es ist nahezu unmöglich jedem einzelnen Lernenden bei einer großer Klassenstärke gerecht zu werden. Dieser Grund multipiziert sich in seinen Wirkungen zu weiteren Gründen. Wenn der Unterricht dem einzelnen Lernenden nicht mehr gerecht wird, wird ebenso wenig sein Lerntempo und seine Lernmotivation berücksichtigt. Es stellen sich darauf aufbauend Frustration und Lernmüdigkeit ein und der Unterrichts- und Lernerfolg wird in Frage gestellt. Weiterhin kann im Unterricht, der sich nur am Durchschnitt orientiert nicht auf individuelle Fähigkeiten und Interessen eingegangen werden, die Lernende abseits der Schule haben und einen Motivationsfaktor darstellen können. Einen weiteren Grund für Differenzierung zeigt sich in der Darbietung verschiedener Gegenstandsbereiche (z.B.: Freizeitgestaltung, Berufs- und Arbeitswelt). Solche Themen sollten grundsätzlich differenziert angeboten werden, da es schlicht unmöglich ist, alle mit allem bekanntzumachen. [2]

Strukturformen der Differenzierung

1. Differenzierung nach Arbeitsweisen

Eine bestimmte Anzahl von Gruppen wird eingeteilt und jede bekommt ein anderes Thema/Aufgaben/Materialien etc. und bearbeitet dies. Danach werden die Ergebnisse vor der Klasse präsentiert. Anschließend geht der Unterricht mit der gesamten Klasse weiter.

2. Differenzierung nach dem stofflichen Umfang

Den Lernenden werden eine Vielzahl von Aufgaben gestellt (z.B. im Rahmen einer Übungsstunde). Diese Aufgaben erledigen sie gewissenhaft und möglichst ohne Fehler. Es kommt dabei nicht auf die Menge an, sondern, dass keine Fehler gemacht werden. Eine weitere Differenzierung nach dem stofflichen Umfang stellt das Erarbeiten eines Themas dar. Ein Teil der Lernenden behandelt das Grundthema, ein weiterer nutzt zusätzliche Arbeitsmaterialien (wie z.B.: Bücher, Videos, …) um sich weiteres Wissen zum Thema anzueignen. Ein weiterer Teil befasst sich in Arbeitsgemeinschaften mit dem Thema und erarbeitet dabei komplexere Sachverhalte. Das Interesse führt dabei zu weiteren Themen und Bereichen.

3. Differenzierung nach Schwierigkeitsgraden

Die Lehrperson erstellt Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Je nach Selbsteinschätzungsvermögen der Lernenden teilt entweder die Lehrkraft den Lernenden eine Aufgabe zu oder die Lernenden wählen selbst aus.

4. Differenzierung aus sozialen Motiven

Bei der Differenzierung aus sozialen Motiven geht es weniger um ein individuelles Lerntempo oder ein ökonomisches Vorgehen sondern um die Zusammenarbeit untereinander, um ein Hilfsangebot für Schwächere oder um eine vorbereitende Arbeit eines Einzelnen für einen späteren Zeitpunkt im Unterricht.

5. Differenzierung aus methodischen Gründen'

Es kann sein, dass

6. Differenzierung nach dem Lern- und Arbeitstempo

7. Differenzierung nach dem zeitlichen Umfang

8. Differenzierung aus sachlichen Gründen'

[3]

Drei Ebenen der Differenzierung

Inhaltliche Differenzierung Für die Umsetzung der inhaltlichen Differenzierung werden Methoden benötigt, die es ermöglichen, dass zur gleichen Zeit Lernende an unterschiedlichen Lerngegenständen arbeiten können. Diese Unterschiede können dabei vielfältig sein, z.B.: Höhe des Anforderungsniveaus, unterschiedliche Arten von Zielen oder die Lerngegenstände entsprechen unterschiedlichen Interessen.

Organisatorische Differenzierung Hierfür braucht es Methoden, die es ermöglichen, dass Lernende zur gleichen Zeit in unterschiedlichen Sozialformen und unterschiedlichen Lerntempi arbeiten.

Differenzierung der Unterstützung Diese Ebene der Differenzierung beschäftigt sich mit einer graduellen Abstufung von Hilfsangeboten. Die Lehrkraft nimmt dabei eine Beobachterrolle ein. Verläuft die Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand nur schleppend bis gar nicht oder in eine falsche Richtung, kann die Lehrkraft eine individuell passende Unterstützung anbieten. [4]

weitere Bedingungen: relevante Dimensionen, breite Angebotsbasis, hohe Selbststeuerung Lehrkraft ist dynamischer Teil des Lernangebots oder Coach der Schülerin/des Schülers


Maßnahmen und Unterrichtsarrangements zur Binnendifferenzierung

Für einen binnendifferenzierten Unterricht verlangt es Aufgaben und Methoden, die

  • die Ziel- und Inhaltstransparenz sichern, Orientierung im Lernprozess geben und den Lernenden Erfolgserlebnisse verschaffen.

Die Lernenden erhalten dadurch Motivation für das Weiterlernen und eine Visualisierung des eigenen Lernprozesses. Dies kann durch Semantische Netze, ein Lernprotokoll (ein nicht benoteter Kurztest über den aktuell geforderten Lernstand) oder eine Checkliste mit Aufgaben zur Selbsteinschätzung gefördert werden.

  • Grundlegendes Wissen und Können wachhalten.

Problemstellungen die auf das Vorwissen der Lernenden abgestimmt sind können angeboten werden. Dafür muss sichergestellt werden, das dieses Vorwissen bzw. Basiswissen abrufbereit ist. Dies kann zum Beispiel durch vermischten Kopfübungen einmal die Woche getan werden. Diese Übungen sind zeitgleich ein Instrument der Selbsteinschätzung und kann Lücken im Basiswissen für die Lernenden und Lehrenden aufzeigen. Die Lehrenden haben somit die Möglichkeit sofort gezielte (individuelle) Fördermaßnahmen zu ergreifen.

  • unterschiedliche Lernvoraussetzungen, Lerntypen und kognitive Aktivierung der Lernenden berücksichtigen, variantenreiche Lernanregungen anbieten und die Talente, Fähig- und Fertigkeiten aus dem außerschulischen Bereich nutzen

Den Lernenden sollten bezüglich ihrer eigenen Präferenzen, zumindest im gesamten Lernbereich bezüglich der unterschiedlichen Gestaltung der Lernmaterialien, eine oder mehrere Wahlmöglichkeiten haben. Wahlmöglichkeiten können sein:

    • realitätsbezogene vs. innermathematische Aufgaben
    • experimentieren und erkunden vs. eindeutige und eindeutige und explizite Anweisungen
    • Einzelarbeit vs. Partnerarbeit vs. Gruppenarbeit

Weiterhin können differenzierende Einstiege durch unterschiedliche Einstiegsaufgaben, die das Thema grob umreißen einen Beitrag zur Differenzierung im Unterricht leisten.

  • die Selbstregulation der Lernenden fördern, Problemstellungen auf unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen anbieten, flexible Zeitstrukturen gewährleisten und auf unterschiedlichen Ebenen Unterstützungssysteme zur Verfügung stellen

Möglichkeiten zur Umsetzung dieses Punktes können Aufgabensets, Blütenaufgaben (siehe dazu auch Aufgabentypen) oder langfristige Hausaufgaben sein. Bei einer langfristigen Hausaufgabe sollen mehrere Aufgaben mit einem unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad und mit Wahl- und Pflichtaufgaben über einen Zeitraum von mindestens einer Woche bearbeitet werden. Dies regt das selbstständige Arbeiten der Lernenden an.

Weitere Methoden

  • Stationenlernen, Werkstattunterricht, Lernzirkel

Bei dieser Form von Unterricht werden den Lernenden eine große Anzahl von Lernanregungen zu einem bestimmten Rahmenthema zur Verfügung gestellt. Die Arbeitsformen varriieren dabei stark und die Lernenden sollen unterschiedliche Fähigkeiten einsetzen. Das Lerntempo kann von jedem selbst bestimmt werden. Allerdings sollte von der Lehrkraft ausreichend Zeit für die Pflichtaufgaben zur Verfügung gestellt werden. Durch die offene Form gibt es nur wenig bis gar keine Steruerung durch die Lehrkraft und es bleibt somit mehr zeit für inidviduelle Unterstützung. Zur Differezierung innerhalb der Aufgaben kann den Lernenden ein indvidueller Kompass mitgegeben werden. Dieser gibt an, welche Aufgaben für jeden einzelnen Lernenden pflicht sind. Neben den Pflichtaufgaben gibt es auch Wahlaufgaben, die von den Lernenden nach ihren eigenen Vorlieben gewählt werden können. Besonders begabten oder leistungsstarken Lernenden können mit Hilfe des Kompsses Aufgaben auf einem höheren Niveau zur Verfügung gestellt werden.

  • Gruppenpuzzle
  • Planarbeit

Essenziell für die Planarbeit ist der Plan. Dieser kann je nach Erfahrung der Lernenden von der Lehrkraft oder von den Lernenden selbst erstellt werden, eine Unterrichtseinheit oder mehrere Wochen umfassen, auf ein Fach beschränkt oder fächerübergreifend sein. Mit Hilfe der Planarbeit lassen sich verschiedene Methoden miteinander verbinden. Wahl der Sozialform kann auch den Lernenden überlassen werden Struktur, Flexibilität und Wahlmöglichkeiten ermöglichen eine Förderung und Forderung der gesamten Klasse Differenzierung: vorbereiteter Plan wird individuell angepasst: Elemente werden gestrichen, hinzugefügt, Umfang und Schwirigkeit verändern, Lernende miteinbeziehen -> auf inidviduelle Interessen mit eingehen Lehrkraft unterstützt auch hier wieder individuell.

Weiterführende Hinweise

Aufgabenformate die sich besonders im Mathematikunterricht für die Binnendifferenzierung eignen sind Aufgabensets und Blütenaufgaben.

MABIKOM-Projekt

Einzelnachweise

  1. Bruder, R.; Reibold, J.: Weil jeder anders lernt. In: mathematik lehren 162, Friedrich Verlag, 2010
  2. Bönsch, M.: Methodische Aspekte der Differenzierung im Unterricht. Franz Ehrenwirth Verlag KG, München, 1970, S.9
  3. Bönsch, M. Intelligente Unterrichtsstrukturen. Eine Einführung in die Differenzierung. Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2011
  4. Joller-Graf, K.:Binnendifferenziert unterrichten. In: (Buholzer, A. und Kummer, A. Hrsg.): Alle gleich - alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Seelze, Kallmeyer, 2010, S.123-137
  5. Joller-Graf, K.:Binnendifferenziert unterrichten. In: (Buholzer, A. und Kummer, A. Hrsg.): Alle gleich - alle unterschiedlich! Zum Umgang mit Heterogenität in Schule und Unterricht. Seelze, Kallmeyer, 2010, S.126
  6. Bruder, R.; Reibold, J.: Weil jeder anders lernt. In: mathematik lehren 162, Friedrich Verlag, 2010