COACTIV

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Im Rahmen des COACTIVE Projekts wurde ein Kompetenzmodell für die Kompetenz von Lehrkräften aufgestellt am konkreten Fachbereich Mathematik. Die Hauptquelle bietet dazu [COA11] . An die COACTIVE-Studie, schloss sich die COACTIVE-R Studie an.

Über COACTIV

  • Im Rahmen des Forschungsprogramms werden auch die individuellen und institutionellen Faktoren untersucht, die den Aufbau der berufsbezogenen personalen Kompetenzen, über die Lehrkräfte verfügen sollten, fördern. [COA11_01, S. 8]
  • Für das Forschungsprogramm COACTIV bedeutet dies, dass Unterricht und Erziehung zusammen gedacht und modelliert werden müssen. [...] Im Rahmen von COACTIV werden nicht nur Prozesse und Ergebnisse des Wissensaufbaus in Abhängigkeit von der professionellen Kompetenz des Lehrpersonals untersucht, sondern als Ergebnisse des Unterrichts werden auch metakognitive, motivationale und affektive Personenmerkmale berücksichtigt [...]. [COA11_01, S. 10]
  • COACTIV betont nicht nur die Erwerbbarkeit und Veränderbarkeit professionellen Wissens, sondern auch seine Ausbildungsabhängigkeit [...], auch wenn seine operative Gestalt erst durch praktische Erfahrung erreicht wird [...]. Dies hat Konsequenzen für das Forschungsprogramm. Fokus der Analysen sind nicht nur die Struktur professionellen Wissens, sondern auch die Bedingung seiner Genese [...]. [COA11_01, S. 11]
  • In COACTIV untersuchen wir Wissen, Überzeugungen und motivationale Orientierungen und selbstregulative Fähigkeiten der Lehrkräfte als Voraussetzungen für ihr Unterrichtshandeln (Bromme, 2001; Weinert, 2001). Wir gehen davon aus, dass das Zusammenspiel dieser Kompetenzaspekte entscheidend dafür ist, wie Lehrkräfte ihren Unterricht strukturieren und regulieren und ob sie langfristig in der Lage sind, ihren Beruf erfolgreich auszuüben. [COAW, Aspekte der Lehrerkompetenz]
  • Erste Analysen, die sich bislang auf einzelne Kompetenzfacetten fokussierten, können das theoretische Rahmenmodell mittels empirischer Mediatormodelle bestätigen. So zeigt sich ein Zusammenhang der lerntheoretischen Überzeugungen der Lehrkräfte und dem mathematischen Leistungsniveau am Ende der 10. Klasse. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Ziel von COACTIV war es, diese unterschiedlichen Ansätze [Anm.: zur Berufstätigkeit von Lehrkräften} zu ordnen, in einem übergreifenden Modell, das Erkenntnisse aus verschiedenen Forschungsrichtungen zusammenführt, zu integrieren und empirisch zu prüfen. [...] Leitende Idee war es, zunächst ein generisches Modell der professionellen Kompetenz von Lehrkräften zu entwickeln, das dann am Beispiel von Mathematiklehrkräften spezifiziert und konkretisiert wird. [COA11_02, S. 29]

Annahmen

  • Weiterhin wird angenommen, dass das formale konzeptuelle Wissen einen Deutungs- und Ordnungsrahmen für praktische Erfahrungen darstellt und insofern nur sehr begrenzt durch praktisches Wissen ersetzbar ist. [COA11_01, S. 11]
  • Die theoretische Annahme ist, dass vor allem das fachdidaktische Wissen besonders wichtig für die Herstellung kognitiv aktivierender Unterrichtssituationen und die Unterstützung der Lernprozesse bei den Lernenden ist (Ball, Lubienski, & Mewborn, 2001). [COAW, Wissen]

Lehrkräfte

  • Zentrale Anforderung für jede Lehrkraft ist es, einen Unterricht planen, inszenieren und interaktiv gestalten zu können, der in einem stabilen Ordnungsrahmen die Teilnahmemotivation von Schülerinnen und Schülern sichert, zu kognitivem Engagement und zu verständnisvollem, sinnstiftendem Lernen und zum Erwerb zentraler schulischer Kompetenzen führt, das Bewusstsein des eigenen Könnens stärkt und im besten Fall dauerhaftes dispositionales Interesse an der Sache erzeugt. [COA11_01, S. 8]
  • Versteht man Lehrkräfte als Professionelle, die ihre berufliche Entwicklung selbstständig und langfristig zu regulieren haben, gehört zu ihren Aufgaben, die Anforderungen der beruflichen Tätigkeit dauerhaft über ein Berufsleben hinweg zu erfüllen und dabei Engagement, Leistungsfähigkeit und Berufszufriedenheit zu bewahren. [COA11_01, S. 8]
  • Lehrerhandeln schließt also immer an institutionelle Vorentscheidungen an, die auf normativen Prämissen und praktischen Erfahrungen beruhen, das Bildungsprogramm sachlich, zeitlich und sozial zu organisieren und die Grundlagen der Beurteilung und Graduierung von Schülerleistungen regeln (Vanderstraeten, 2008). Mit diesem institutionellen Vorentscheidungen über Ziele, Fächerstruktur, Stundentafel und Lehrplan, die Unterrichtsorganisation und die organisatorische Regelungen von Zeit und Arbeitsverteilung sowie die Einführung universalistischer Gütermaßstäbe wird eine spezifische und sachliche Rollenbeziehung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern begründet. […] Diese Spezifität der Rollenbeziehung erlaubt es, das Unterrichten als zentrale Aufgabe im Lehrerberuf und als erste Referenz für das professionelle Kompetenzprofil von Lehrkräften zu bestimmen. [COA11_01, S. 9]

Unterricht

  • Betrachtet man Unterricht als das Kerngeschäft der Schule, eröffnet sich auch ein anderer Blick auf die Erziehungsaufgaben, die Schule und Lehrkräfte zu erfüllen haben [...]. Im Rahmen von Unterricht und seinem schulischen Umfeld werden Aufmerksamkeit, Anstrengung, Geduld und Ausdauer, Leistungsmotivation, Zielorientierung, Belohnungsaufschub und Selbstregulation im Lernen, aber auch Emotionskontrolle und soziale Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Aushandlung von Interessen, Übernahme von Verantwortung, Kooperation oder konstruktive Konfliktbewältigung thematisiert. [COA11_01, S. 9]
  • Deshalb ist die erfolgreiche Berufsausübung auch immer daran zu messen, inwieweit es Lehrkräften gelingt, Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern zu initiieren und zu unterstützen, sodass die schulischen Lernziele erreicht werden. Dabei steht Lehrerhandeln unter doppelter Unsicherheit. Einmal ist Unterricht nur begrenzt planbar. [...] zum anderen gibt es auch für die Ergebnisse des Unterrichts, also die Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler keine Garantie. [COA11_02, S. 30]

Kompetenz

  • Der Begriff „Kompetenz“ beschreibt die persönlichen Voraussetzungen zur erfolgreichen Bewältigung spezifischer situationaler Anforderungen. Kompetenz ist prinzipiell erlen- und vermittelbar (vgl. Klieme & Leutner 2006; Weinert 2001a). [COA11_02, S. 31]
    • Dieses Zitat ist auch aufgeführt unter Kompetenz.
  • In einer engen Bedeutung beschriebt der Begriff „Kompetenz“ ausschließlich kognitive Aspekte (vgl. Weinert 2001a). In diesem Sinn sind Kompetenzen nach Klieme und Leutner (2006) kontextabhängige kognitive Leistungsdispositionen, die durch Lernen erworben werden und notwendig sind, um beschreibbare Anforderungen in spezifischen Domänen zu bewältigen (vgl. Klieme & Hartig, 2007; Klieme, Hartig & Rauch, 2008; Mayer, 2003; Simonton, 2003). In einem weiteren Verständnis als „Handlungskompetenz“ (Weinert, 2001b) umfasst der Begriff zusätzlich motivationale, metakognitive und selbstregulative Merkmale, die als entscheidende Voraussetzungen für die Bereitschaft zu handeln gesehen werden (Connell, Sheridan & Gardner, 2003; Weinert, 2001a, 2001b). [COA11_02, S. 31]
    • Dieses Zitat ist auch aufgeführt unter Kompetenz.

Hauptergebnisse der COACTIV-Studie

  • Die Enge des Zusammenhangs zwischen Fachwissen und Fachdidaktischem Wissen variiert dabei in Abhängigkeit von der Schulform, an der eine Lehrkraft unterrichtet: Bei Gymnasiallehrkräften scheinen die beiden Wissensbereiche stärker vernetzt zu sein als bei Lehrkräften anderer Schulformen [...] Der jeweilige Wissensstand der Lehrerinnen und Lehrer hängt dabei deutlich mit der Art der Lehramtsausbildung zusammen, nicht jedoch mit der Dauer der Berufserfahrung. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Deutliche Differenzen auf den Dimensionen der Unterrichtsqualität ergeben sich jedoch aus Sicht der Schülerinnen und Schüler zwischen Haupt- und Gymnasialschülern. Schülerinnen und Schüler der Hauptschule berichten von einem Unterricht, der durch individuelle Unterstützung und kognitive Herausforderungen bei einem gleichzeitig hohen Ausmaß an Störungen und Disziplinproblemen gekennzeichnet ist. Die Gymnasialschüler hingegen beschreiben einen störungsarmen, wenig fordernden Unterricht, in welchem sie sich von der Lehrkraft wenig individuell unterstützt fühlen. Abgesehen von der Beurteilung des kognitiven Gehalts des Unterrichts stimmen Lehrer- und Schülerurteile in Hinsicht auf das Unterrichtsgeschehen weitgehend überein. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Die bisherigen Analysen zeigen, dass Unterschiede in der Unterrichtsqualität systematisch auf spezifische Aspekte der Kompetenz zurückzuführen sind. Das Fachdidaktische Wissen allein sagt das Ausmaß der kognitiven Aktivierung der Schüler im Unterrichtsgeschehen voraus. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Das Ausmaß der von den Schülerinnen und Schülern erlebten individuellen Lernunterstützung durch die jeweilige Lehrkraft ist hauptsächlich auf einen Selbstregulationsstil zurückzuführen, der durch ein hohes Maß an beruflichem Engagement bei gleichzeitiger Fähigkeit, sich auch von Arbeitsbelangen zu distanzieren und Probleme aktiv zu bewältigen, gekennzeichnet ist. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Es findet sich (zumindest teilweise) empirische Unterstützung für die Annahme, dass kognitive Aktivierung, Klassenführung und individuelle Unterstützung einen positiven Effekt auf die Entwicklung der mathematischen Kompetenz auf Schülerseite haben. [COAW, Hauptergebnisse]
  • Die Befunde aus der COACTIV-Hauptstudie sowie weiterer Datenquellen zeigen, dass sich die von uns theoretisch angenommene Struktur eines mehrdimensionalen Wissensmodells, das aus zwei korrelierenden Faktoren (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen, dieses wiederum mit den genannten Subdimensionen) besteht, empirisch nachweisen lässt [...] [COA11_02, S. 38]

Allgemein zum Modell

Abb. aus [COA11_02, S. 32].

  • In einer Verbindung der beschriebenen professionstheoretischen Überlegungen und der Kompetenzliteratur haben wir das COACTIV-Modell der professionellen Kompetenz von Lehrkräften formuliert. Danach entsteht professionelles Handeln aus dem Zusammenspiel von spezifischen, erfahrungsgesättigten deklarativen und prozeduralen Wissen [...]; professionellen Werten, Überzeugungen, sobjektiven Theorien, normativen Präferenzen und Zielen; motivationalen Orientierungen sowie Fähigkeiten der professionellen Selbstregulation. [COA11_02, S. 33]
    • Information: In Quelle als stichpunktartige Auflistung.
  • Wir unterscheiden die genannten vier Kompetenzaspekte (Wissen, Überzeugungen, Motivationen und Selbsregulation), die sich jeweils aus spezifischeren Kompetenzbereichen - abgeleitet aus der zu dieser Thematik bisher vorliegenden Forschungsliteratur - zusammensetzen. Die Kompetenzbereiche können sich dann in Kompetenzfacetten differenzieren, die durch konkrete Indikatoren operationalisiert werden. [COA11_02, S. 33]
    • Information: Hervorhebungen, wie in Quelle.

Kompetenzaspekte

Professionswissen

  • [Wir unterscheiden] drei Arten von Wissen (Shulman, 1986, 1987): Fachwissen: Vertieftes Hintergrundwissen und Verständnis der schulischen Fachinhalte. Fachdidaktisches Wissen: Wissen darüber, wie Fachinhalte Schülern verfügbar gemacht werden können. Dabei unterscheiden wir drei Facetten: Wissen über das Erklären und Repräsentieren von mathematischen Inhalten [...] Wissen über das Potenzial des Schulstoffs für die Lernprozesse [...] Wissen über fachbezogene Schülerkognitionen [...] Pädagogisches Wissen: Generelles, fachübergreifendes Wissen, welches zur Gestaltung und Optimierung der Lehr-/Lernsituation notwendig ist [...] [COAW, Wissen]
    • Anmerkung: Auszeichnung (kursiv) nicht im Original.
  • Shulman entwickelte einen Vorschlag für die strukturbildenden Dimensionen des professionellen Wissens von Lehrkräften, den Bromme später erweiterte. Beide insistierten […] auf der Bedeutung, die der spezifische Fachinhalt für das Denken, Wissen und Handeln von Lehrkräften habe. Mit der Betonung, dass erfolgreiches Unterrichten vor allem aufgrund einer gut vernetzten und umfangreichen domänenspezifischen Wissensbasis ermöglicht wird und dass diese Wissensbasis im Rahmen der strukturierten Lehreraus- und Weiterbildung vermittelbar ist, [….]. [COA11_02, S. 30]
    • Verweise auf Arbeiten von Shulman (1986, 1987) und Bromme (1992, 1997), weiterhin Grossman und Stodolsky (1995), sowie (Hyle, 2001; Shulman, 1998).
  • Im Kompetenzmodell von COACTIV haben wir als zentrale Wissensdimensionen Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und - in erweiterter Form - allgemeines pädagogisches Wissen übernommen und um zwei weitere Dimensionen, nämlich Organisationswissen (Fried, 2002; Shulman, 1987) und Beratungswissen, auf welches Professionelle in der Kommunikation mit Laien angewiesen sind, ergänzt (Bromme & Rambow, 2001; Hertel, 2009; Hertel, Bruder & Schmitz, 2009; Rambow & Bromme, 2000). [COA11_02, S. 34]
  • [... Die] durchgeführte Testentwicklung von COACTIV und des Anschlussprojekts COACTIV-Referendariat (COACTIV-R) konzentrierte sich in erster Linie auf theoretisch-formales Wissen; primäres Ziel war es, ein konzeptuelles Verständnis der Domäne zu prüfen. In den Bereichen des fachdidaktischen und generischen pädagogisch-psychologischen Wissens sollte aber auch versucht werden, gewisse Aspekte des praktischen Wissens zu erfassen [...]. [COA11_02, S. 35]
  • COACTIV teilt mit der Projektgruppe um Ball un der IEA-Gruppe insofern einen gemeinsamen theoretischen Ansatz, als der Fokus auf dem mathematischen Wissen liegt, das für Verständnis vermittelndes Unterrichten notwendig ist. [...] Im Rahmen von COACTIV werden theoretisch vier Formen mathematischen Wissens unterschieden, die teils unterschiedliche Grade der stofflichen Durchdringung widerspiegeln: akademisches Forschungswissen, ein profundes Verständnis der mathematischen Hintergründe der in der Schule unterrichteten Inhalte, Beherrschung des Schulstoffs auf einem zum Ende er Schulzeit erreichbaren Niveau und mathematisches Alltagswissen von Erwachsenen, das auch nach Verlassen der Schule noch präsent ist. [COA11_02, S. 37]
  • Von diesem spezifischen Fachwissen wird theoretisch das fachdidaktische Wissen unterschieden, das mathematisches Fachwissen voraussetzt, aber selbst ein besonderes unterrichts- und schülerbezogenes fachliches Wissen darstellt. COACTIV unterscheidet innerhalb des fachdidaktischen Wissens drei Dimensionen:
    • Wissen über das didaktische und diagnostische Potenzial, die kognitiven Anforderungen und impliziten Wissensvoraussetzungen von Aufgaben, ihre diadaktische Sequenzierung und die langfristige curriculare Anordnung von Stoffen,
    • Wissen über Schülervorstellungen (Fehlkonzeptionen, typische Fehler, Strategien) und Diagnostik von Schülerwissen und Verstädnisprozessen,
    • Wissen über multiple Repräsentations- und Erklärungsmöglichkeiten. [COA11_02, S. 37-38]

Motivationale Orientierungen

Selbstregulation

Überzeugungen/Werthaltungen/Ziele

  • Lehrkräfte bilden im Verlaufe ihrer beruflichen Entwicklung differenzierte Überzeugungen über die Struktur ihres Faches sowie darüber aus, wie Lernprozesse im Fach gelingen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass sich bei diesen Vorstellungen häufig zwei Grundüberzeugungen unterscheiden lassen, nämlich ob Lehrkräfte Lernen als das Resultat von direkter Informationsvermittlung oder als aktive Konstruktion von Wissen ansehen (Pajares, 1992; Peterson, Fennema, Carpenter, & Loef, 1989; Staub & Stern, 2002). [COAW, Überzeugungen]