WIN10

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Im folgenden werden alle Zitate aufgelistet, die aus der Quelle [WIN10] stammen. Sie sind nach den Seitenthemen, in denen sie vorkommen, gegliedert.

Allgemein

  • Folgende Zitate beziehen sich aufeinander und sind im Bereich der beruflichen Bildung anzusiedeln.
    • Mit Hilfe des „European Qualifications Framework“ (EQF) sollen im Hinblick auf die Anerkennung bzw. Zertifizierung von Bildungsergebnissen erreichte Lernergebnisse als Qualifikationen über die Kategorien „Wissen“, „Können“ und „Kompetenzen“ klassifiziert werden (...) [WIN10, S. 8]
    • Der im European Qualifications Framework verwendete Kompetenzbegriff muss auch nach der Neuformulierung aus dem Jahr 2006 als nicht stimmig operationalisiert angesehen werden. Er erschöpft sich in der Aufzählung von Kompetenzkomponenten, die sich nach wie vor nicht stringent auf die Ausarbeitungen des Frameworks beziehen lassen (u.a. Bohlinger, 2008).
      „Competence means the provenn ability to use knowledge, skills and personal, social and/or methodological abilities, in work or study situations and in professional and personal development. In the context of the European Qualifications Framework, competence is described in terms of responsibility and autonomy“ (European Commision, 2008, p. 11). [WIN10, S. 9-10]
    • Zweifellos ist ein besonderes Merkmal, dass Lernergebnisse basierend auf den Kategorien „Wissen“, „Fähigkeiten“ und „Kompetenzen“ ohne Bezug auf die Ausbildungssituation, die Ausbildungsdauer und die Ausbildungsform klassifiziert werden (sollen). Es zeigt sich jedoch, das dies ohne sektor- bzw. bereichsspezifische Referenzrahmen für die einzelnen Berufe kaum plausibel zu realisieren ist (Sellin, 2008); denn es sind zumindest drei Perspektiven in die Betrachtung zu integrieren (1) die hierarchische Struktur des Bildungssystems, (2) die zu erwartenden beruflichen Anforderungen und Funktionen sowie (3) der zu beschreibende Verlauf des Erwerbs von „Wissen“, „Fähigkeiten“ und „Kompetenzen“ (in Anlehnung an Markowitsch & Luomi-Messerer, 2008). [WIN10, S. 9]

Kompetenzmessung

  • Das Ziel, berufliche Kompetenz zu messen, impliziert, dass das Ziel der Testanwendung möglichst die Quantifizierung entsprechender Merkmalausprägungen sein sollte (Lienert, 1969). Die zentrale Frage ist, über welche Kompetenz/über welches Kompetenzprofil ein einzelner Proband verfügt. Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, dass Konstruktion, Anwendung, Auswertung und die Analyse der Testergebnisse aufeinander bezogen sein müssen, um die Aussagekraft der erzielten Ergebnisse sicherzustellen (Mummendey, 2003; Rost, 2004). [WIN10, S. 12]

Kompetenz

Was ist Kompetenz?


Historie

  • Auch bereits in den frühen Lehrbüchern der Entwicklungspsychologie (u.a. Kretzschmar, 1912; Hoffmann, 1922) lassen sich Definitionen von Kompetenzen und dazugehörige statische Verfahren ihrer Erfassung finden. [WIN10, S. 17]

Bezug auf Weinert

  • In seinem Gutachten für die OECD verweist Weinert darauf, dass Kompetenzen vor dem Hintergrund des angestrebten Anwendungs- bzw. Verwendungszwecks zu definieren seien. Hiermit wird eine inhaltliche Anbindung festgeschrieben, die vorrangig durch die Fachdidaktik zu leisten ist (vgl. auch Weinert, 1999). Neben dieser inhaltlichen Ausrichtung stellt Weinert heraus, dass die individuelle Ausprägung von Kompetenz durch die Facetten Fähigkeit, Wissen, Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation bestimmt wird (Weinert, 1999; 2001a). [WIN10, S. 21-22]

Weitere Aussagen


  • Kompetenzerwerb und -entwicklung sind stets kontextbezogen und damit inhaltlich fixiert und an ein (lernendes) Subjekt gebunden. [WIN10, S. 11]
  • Insgesamt zeigen die Ergebnisse deutlich, dass Kompetenzen nicht stabil sind, sondern sich kontextsensitiv ausbilden. [WIN10, S. 36]
  • So wird in der Expertise zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards der Kompetenzbegriff, wie er insbesondere aus den OECD-Vergleichsstudien bekannt ist, strikt von dem in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik verwendeten Konzept der Handlungskompetenz abgegrenzt (Klieme, Avenarius, Blum, Döbrich, Gruber et al., 2003, S. 22). [WIN10, S. 47]

International

  • Folgende Zitate folgen aufeinander.
    • Für Operationalisierungen kommt nach Sichtung der einschlägigen Literatur erschwerend hinzu, dass trotz Bemühungen der OECD (vgl. Rychen & Salganik, 2001) auch im internationalen Vergleich kein einheitlicher, allgemein akzeptierter Kompetenzbegriff existiert (vgl. auch Klieme & Hartig, 2008; detailliert Kapitel 2.1). [WIN10, S. 10]
    • So modifiziert beispielsweise Winterton, Delamare-Le Deist und Stringfellow in angelsächsischer Tradition das System EQF [Anm. European Qualifications Framework] wie folgt (...):
      „Knowledge (and understanding) is captured by cognitive competence; skills are captured by functional competence and „competence“ (behavioural and attitudial, including meta-competencies) is captured by social competence“ (2004, p.19) [WIN10, S. 10]
    • In der deutschen Tradition wird an den Begriffen der Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Personalkompetenz und Sozialkompetenz festgehalten; (...) [WIN10, S. 10]
    • (...) das in den französischsprachigen Ländern vertretene Kompetenzverständnis betont den Gleichklang von savoir, savoir-faire und savoir-être und zielt damit auf ein umfassendes Konzept im Sinne einer Einstellung ab, das sich schwer kategorisieren lässt. [WIN10, S. 10]
      • Bei savoir handelt es sich um Wissen, faire bedeutet soviel wie machen, etre soviel wie sein.
  • Die Sichtung der einschlägigen Literatur zeigt, dass insbesondere im internationalen Vergleich kein einheitlicher, allgemein akzeptierter Kompetenzbegriff existiert (vgl. Westera, 2001; Klieme & Hartig, 2008). [WIN10, S. 17]
  • Zitate beziehen sich aufeinander:
    • [Norris] identifiziert jedoch drei zentrale Forschungstraditionen, in die sich Kompetenzdefinitionen einordnen ließen: (1) Eine in den USA vertretene stark behavioristische Auffassung, die auf der Ebene der Beobachtung von Performanz agiert; (2) eine in Großbritannien sowie Australien präferierte, vor allem auf Managementprobleme hin ausgerichtete Orientierung auf generic skills, die vergleichbar mit der in Deutschland geführten Diskussion um Schlüsselqualifikationen ist (u.a. Mertens, 1974); sowie (3) die insbesondere im OECD-Kontext vertretene kognitive Tradition. [WIN10, S. 17]
    • Das Konzept der generic skills zeichnet sich dadurch aus, dass Kompetenz sich aus einer Vielzahl allgemeiner Fähigkeiten zusammensetzt, von denen angenommen wird, dass ihre Verfügbarkeit die Bewältigung von vornehmlich komplexen und arbeitsweltorientierten Situationen begünstigt. (...) Die Interpretationsrichtung ist dabei im Gegensatz zu der behavioristischen Kompetenzauffassung nicht subjekt- sondern objektorientiert: (Berufliche) Anforderungen werden so zerlegt, dass sie sich als Bündel allgemeiner Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen beschreiben lassen. [WIN10, S. 18]
    • Charakteristisch für die kognitivistisch akzentuierte Kompetenzauffassung ist die Performanz-Kompetenz-Abgrenzung, die sich auf Chomsky (1965) zurückführen lässt (vgl. Evans, Newstead & Byrne, 1993; Langford & Hunting, 1994). Nach Chomsky wird (linguistische) Kompetenz über kognitive Strukturen und Regeln repräsentiert, die notwendig sind, um spezifische Fähigkeiten (Sprache) zu erzeugen. Im Gegensatz dazu repräsentiert (linguistische) Performanz die beobachtbare Fähigkeit (Sprache) in der praktischen Anwendung. (...) Eine vergleichbare Auffassung findet sich auch bei Anderson (1992). Hier wird zwischen Kompetenz und Fähigkeiten (statt Performanz) unterschieden. Fähigkeiten repräsentieren den operativen Outcome und Kompetenzen die zugrundeliegende kognitive Funktion. [WIN10, S. 20]

Kompetenz und Performanz


  • Kompetenz als stark behavioristisch akzenturiertes Konstrukt ist performanzbezogen und wird damit einer direkten Beobachtung zugänglich. [WIN10, S. 17]
  • Damit ist gemeint, dass eine breite Wissens- und Könnensbasis nicht allein für eine erfolgreiche Performanz in - gewöhnlich - komplexen Situationen garantieren kann. Vielmehr zeichnet sich Kompetenz dadurch aus, dass eine Person aus dem ihr verfügbaren Repertoire das für eine spezifische Situation notwendige Wissen und Können so selektieren kann, dass effizientes und effektives Verhalten in der Situation resultiert. [WIN10, S. 18]

Kompetenzmodell

Allgemeine Aussagen

  • Die zentrale Frage im Zuge der Kompetenzdebatte bleibt, wie Kompetenzmodelle aussehen und genutzt werden sollten, um - im Sinne eines einheitlichen European Qualifications Framework und entsprechend korrespondierender National Qualifications Frameworks - die Durchlässigkeit zwischen den nationalen Bildungssystemen zu fördern und die Anschlussfähigkeit der deutschen Berufe im europäischen Kontext sicherzustellen. [WIN10, S. 10]
  • Die Ausführungen zur Beschreibung der kognitiven Struktur und der Reichweite von Kompetenzen haben gezeigt, dass in konkreten Anforderungssituationen unterschiedliche Teilkomponenten von Kompetenz systematisch zusammenhängen und damit die Struktur von Kompetenz bestimmen. Kompetenzmodelle, in denen diese Zusammenhänge theoretisch aufgeschlüsselt und damit diagnostizierbar gemacht werden sollen, stellen die Grundlage für die Entwicklung valider Messinstrumente dar. [WIN10, S. 37]

Modelle

  • Roths [Anm. Heinrich Roth 1971] Ansatz ist der einer ganzheitlichen Handlungsfähigkeit, die sich über Sach-, Sozial- und personale Kompetenz ausdrücken lässt. Sacheinsichtige, sozialeinsichtige und moraleinsichtige Handlungsfähigkeit entwickelt sich in Abhängigkeit von der Lernumwelt, den Lern-, Sozialisations- und Erziehungsprozessen. [WIN10, S. 47]
  • Folgende Zitate, gehören zusammen:
    • (...) Reetz [Anm.: hat] Handlungskompetenz ganz im Sinne kognivistischer Tradition definiert [hat] (1999, S. 35): Handlungskompetenz wird als die berufliche Fähigkeit bezeichnet, die es Individuen erlaubt, in spezifischen Anforderungssituationen zu handeln. Der Erwerb von Kompetenzen ist - im Sinne Piagets - das Resultat von Entwicklungs- und Lernprozessen (vgl. hierzu Bader & Müller, 2002). [WIN10, S. 48]
    • Das Modell bietet eine Komplexitätshierarchie und stellt horizontale, auf die Unterscheidung von Kompetenzdimensionen abzielende Relationen dar. Handlungskompetenz ist folglich die Oberkategorie, die sich als Integrationsergebnis von Sach-/Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz in spezifischen Anforderungssituationen definieren lässt. Sachkompetenz wird als Fähigkeit eines Individuums zu sacheinsichtigem Handeln in konkreten Anforderungssituationen unter Rückgriff auf situativ erlernte Strategien und Heuristiken (Methodenkompetenz) definiert. Sozialkompetenz bezieht sich auf sozialeinsichtiges und kommunikatives Handeln, Selbstkompetenz entsprechend auf moraleinsichtiges Handeln. [WIN10, S. 48]
    • Abb. des Modells der Handlungskompetenz von Reetz: Datei:Win10 02.png

Kompetenzstufenmodelle

  • Die internationalen Schulleistungsvergleiche - hier namentlich TIMSS/III und PISA - haben für die in diesen Studien erfolgreichen Nationen gezeigt, dass eine regelmäßige Kontrolle des realen Lernstandes mit entsprechendem zeitlichen Vorlauf schließlich auch eine individualisierte Optimierung des Lernprozesses auf Basis von Kompetenzstrukturmodellen möglich macht (Subjekt-Objekt-Bezug). Kompetenzstrukturmodelle erlauben unter dieser Perspektive einer empirisch fundierten Diagnose von Kompetenzen der Lernenden eine wirksame Modifizierung der Lerngelegenheiten (...) Diese Output-Steuerung [ist] nur dann sinnvoll (...), wenn nicht nur im Hinblick auf die Abschlüsse der jeweiligen Ausbildungsgänge auf den Lernstand geschaut wird, sondern auch - im Sinne einer Verknüpfung von summativen und formativen Assessments [..] - auf davor liegende Lehr-Lernprozesse. [WIN10, S. 11]
  • In der Expertise „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards“ werden Kompetenzmodelle als Mittler zwischen abstrakten (curricularen) Bildungszielen und konkreten Aufgabenstellungen definiert (Klieme, Avenarius, Blum, Döbrich, Gruber et al., 2003, S. 71), deren Ziel es ist, zu einer theoretischen Beschreibung der Struktur spezifischer Fähigkeiten und der Stufen ihres Erwerbs beizutragen (ebd., S. 65). [WIN10, S. 37]

Klassifizierung

  • Die folgende Klassifizierung von Kompetenzmodellen ist im Kontext mit Kompetenzmessung/ bzw. -diagnostik zu sehen.
    • Für die verschiedenen Bereiche der Kompetenzdiagnostik wurden folglich auch verschiedene Kompetenzmodelle entwickelt (vgl. u.a. Abs, 2007):
      - Kompetenzmodelle, die sich mit der Dimensionalität von Kompetenzen befassen. Diese Modelle gehen von der theoretischen Annahme aus, dass in einer konkreten Anforderungssituation verschiedene Kompetenzen bzw. Kompetenzbündel differenziert erfasst werden können (Kompetenzstrukturmodell).
      - Kompetenzmodelle, die die Graduierung von Kompetenzen und damit unterschiedliche Stufen der Kompetenzerreichung abbilden, fokussieren auf die Hierarchie von Kompetenzen und sind stark auf die Anforderungssituationen bezogen (Kompetenzniveaumodell).
      - Kompetenzmodelle, die sich vorrangig auf der Basis kognitionstheoretischer Annahmen mit den mentalen Modellen von Experten und Novizen und deren Unterschieden beschäftigen (Kompetenzentwicklungsmodell).
      Neben diesen drei zentralen Kompetenzmodellen haben sich in der Literatur weitere Modelle herausgebildet. Ihnen ist gemeinsam, dass sie Verhaltensdispositionen und Bewältigungsstrategien in verschiedenen Anforderungssituationen auf ihre Generalisierbarkeit prüfen. [WIN10, S. 37]
    • Kompetenzstrukturmodelle befassen sich einerseits mit der Identifizierung von Kompetenzbereichen. Hierunter ist die inhaltlich-systematische Ausgestaltung einer Kompetenzdomäne zu fassen. (...) Andererseits geht es um die Strukturierung dieser Kompetenzbereiche in Teilkompetenzen. (...) Die Herausforderung besteht einerseits darin, den Abstraktionsgrad des Modells möglichst gering zu halten, um die Testentwicklung zu erleichtern; andererseits jedoch bedürfen diese Modelle einer gewissen Abstraktion, um mit ihnen Kompetenz in einer spezifischen Domäne auch global bechreiben zu können. So werden in den naturwissenschaftlichen oder auch sprachlich orientierten Kompetenzstrukturmodellen die verschiedenen Kompetenzbereichen in der Regel über konkrete kontextspezifische Handlungen differenziert (...) Ein sehr anschauliches Beispiel eines Kompetenzstrukturmodells ist der DESI-Studie (...) entnommen (...) [WIN10, S. 38]
    • Kompetenzniveaumodelle befassen sich mit einer kriteriumsorientierten Interpretation der Kompetenzmesswerte, also mit der konkreten inhaltlichen Beschreibung empirisch erfasster Kompetenzen. (...) Zentral ist hier die Frage, über welchen Grad an Kompetenz ein Individuum verfügt. Wird diese Frage bezogen auf die Anforderungssituationen umformuliert, geben Kompetenzniveaumodelle darüber Auskunft, welche spezifischen Anforderungssituationen sich bei welchem Kompetenzniveau gerade noch bewältigen lassen. (...) Empirisch sind Kompetenzniveaus bzw. Kompetenzstufen nichts anderes als formale Abschnitte auf der kontinuierlichen Skala der Kompetenzmesswerte (Baton & Allen, 1992). [WIN10, S. 40]
    • Kompetenzentwicklungsmodelle spezifizieren den Verlauf des Kompetenzerwerbs; sie können damit Fragen der Erlern- und Vermittelbarkeit von Kompetenzen beantworten und lassen sich folglich insbesondere als Planungsmodelle für Lehr-Lernprozesse nutzen. Sie sind als empirisch fundierte Modelle zu definieren, die Strukturen und Entwicklungsverläufe von Kompetenzen unter Berücksichtigung spezifischer Inhalte aufführen. Das Ziel von Kompetenzentwicklungsmodellen besteht darin, Kompetenzstufen bzw. -niveaus nicht allein aus der Analyse der Anforderungssituation abzuleiten (...), sondern die Stufen als entwicklungspsychologisch begründete qualitative Unterschiede zu interpretieren (vgl. IPN, 2003, S. 18). [WIN10, S. 42]
    • Kompetenzentwicklungsmodelle müssen davon ausgehen, dass Kompetenzerwerb und -verlauf von vielseitigen Interaktionen des Lernenden mit der Umwelt geprägt sind. [WIN10, S. 43]