Märchen

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Märchen (mittelhochdeutsch mære = Erzählung, seltsame Geschichte, unglaubwürdiger Bericht)[1] sind kurze Erzählungen, die das Phantastische thematisieren. Grundsätzliche lassen sich zwei Formen von Märchen unterscheiden: das Kunstmärchen und das Volksmärchen.

Formen von Märchen

Das Kunstmärchen

Kunstmärchen wurden von einem*r Autor*in verfasst, welche*r nachweislich bekannt ist. Sie verfügen daher über einen autorengebundenen Stil. Die Erzählweise ist meist metaphorisch und dadurch komplex. Bekannte Vertreter sind unter anderem Hans Christian Andersen und Wilhelm Hauff. [2]

Das Volksmärchen

Potrait von den Gebrüder Grimm[3]

Volksmärchen wurden von keinem*r bestimmten Autor*in verfasst. Sie sind mündlich tradierte Erzählungen, „die aus „dem Volk“ stammen und für „das Volk“ bestimmt sind.“[4] Es werden volksnahe Inhalte und Motive behandelt. Damit die Volksmärchen von jeder Person leicht zu verstehen sind und leicht wiedergegeben können, ist die Erzählstruktur und die Erzählweise sehr linear und einfach gehalten.[5] Am Ende des Volksmärchens steht eine glückliche Auflösung der Erzählung.[6] Anfang des 19. Jahrhunderts wurden von den Gebrüder Grimm zuvor mündlich weitergegebenen Märchen gesammelt und aufgeschrieben, wodurch eine Speicherung der Märchenstoffe möglich war.[7][8]

Stilmerkmale

Rhythmus

Im Allgemeinen weisen Märchen bestimmte Form- und Stilmerkmale auf, die für die Gattung „Märchen“ bestimmend sind. Märchen besitzen eine lineare Erzählweise. Es gibt weder Parallelhandlungen noch Rückblicke des Erzählten noch Vorausdeutungen in der Geschichte. Märchen werden grundsätzlich in einem Zweier- oder Dreierrhythmus erzählt. Im Zweierrhythmus tritt ein Problem auf, welches der*die Held*in bewältigen muss. Durch die Bewältigung des Problems, gelangt er schließlich zur Lösung. Am Anfang des Dreierrhythmus steht eine bestimmte Ausgangssituation, woraufhin sich der*die Held*in auf eine abenteuerliche Reise begibt, auf der er gefährliche Situationen bewältigt. Den Höhepunkt der Geschichte stellt eine Krise dar, die der Märchenheld durch eine Prüfung lösen muss. Löst er diese, mündet die Erzählung in einem guten und glücklichen Ende. Das glückliche Ende ist ebenfalls ein weiteres Merkmal von Märchenstoffen.[9]

Figuren

Die Welt des Märchens sowie ihre Charaktere sind strikt in gut und böse unterteilt. Darüber hinaus erfolgt in den meisten Märchen eine Einteilung der Charaktere in schön oder hässlich.[10] Diese Eigenschaften der Märchenfiguren stehen äquivalent zur Werteeinteilung, wobei das Gute in den meisten Fällen mit Schönheit und das Böse mit Hässlichkeit gleichgesetzt wird. Der oder die Held*in stellt die zentrale Figur im Märchen dar. Das Einzelschicksal des*r Held*in steht hierbei im Mittelpunkt, seltener das einer Gruppe. Die Märchenhelden stammen meist aus einfachen Verhältnissen und sind zu Beginn des Märchens unscheinbar.[11][12] Die Figurenentwicklung verläuft in Märchen statisch. Darüber hinaus werden „ambivalente menschliche Verhaltensmöglichkeiten nie einer Person [zugeschrieben] sondern auf mehrere Handelnde verteilt“ [13].

Das Phantastische und Wunderbare

Das Phantastische steht in Märchen im Mittelpunkt. Die Geschichten tragen sich in erfunden, phantastischen Welten zu, wobei es keine genauen Zeit- und Ortsangaben gibt. Eine zeitliche Orientierung des Beginns der Handlung bieten märchentypische Formulierungen wie „Es war einmal“. Hier wird deutlich, dass die Erzählungen in der Vergangenheit stattgefunden haben und oftmals eine lange Zeitspanne zurück liegen. Eine genaue geographische Angabe der Handlungsorte findet im Märchen ebenfalls nicht statt. Der oder die Leser*in erfährt lediglich, dass die Geschichte in einem Königreich, in einer Hauptstadt eines unbekannten Reiches oder in einem Zauberwald spielt. [14][15] Diese allgemeinen und unspezifischen Angaben ermöglichen der Erzählung eine grenzüberschreitende Gültigkeit. Sie kann sich überall zugetragen haben. Weiterhin besitzt das Wunderbare im Märchen eine große Bedeutung. Die Umgebung verkörpert eine unwirkliche Welt, in der Naturgesetze keine Bedeutung haben. So existieren sprechende Tiere, Hexen, Riesen, Zauberer und Wünsche. Diese werden von der Märchenwelt und ihren Charakteren als natürlich gegeben akzeptiert und nie in Frage gestellt. Das Märchen verbindet folglich Reales mit Irrealem.[16][17] Märchen weisen obendrein typische Anfangs- und Schlussformeln auf. So beginnen die meisten Märchen mit der Wendung „Es war einmal“ und enden mit „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“. Da viele Märchen jedoch aufgrund ihrer mündlichen Tradition im Laufe der Zeit textlichen Änderungen unterworfen waren, kann durchaus vorkommen, dass bestimmte Märchentexte, nicht diese Phrasen aufweisen. In Märchen herrscht weiterhin eine starke Zahlensymbolik. So haben die Ziffern drei und sieben eine bedeutende Rolle und treten in verschiedenen Märchen auf.[18]

Übungen

  • 1. Nenne die Besonderheiten von Kunstmärchen und mindestens einen Vertreter.
  • 2. Nenne die typischen Merkmale von Volksmärchen.
  • 3. Erläutere, wie das Phantastische und Wunderbare in Märchen dargestellt wird.
  • 4. Nenne mindestens ein dir bekanntes Beispiel für ein Kunstmärchen und mindestens 2 Beispiele für ein Volksmärchen.

Literatur

  1. vgl. DUDEN (2022): Märchen. https://www.duden.de/rechtschreibung/Maerchen_Erzaehlung_Geschichte_Luege. Abgerufen am 16.03.2023.
  2. vgl. Geister, Oliver (2010): Kleine Pädagogik des Märchens. Begriff – Geschichte – Ideen für Erziehung und Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S. 33.
  3. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Brothers_Grimm_Blow.jpg. Abgerufen am 16.03.2023.
  4. ebd.
  5. ebd.
  6. vgl. Geldern-Egmond, Irene (2000): Märchen und Behinderung. Ein Beitrag zur Resilienzforschung bei Kindern und Jugendlichen mit Lernbehinderung. Braunschweig: Schneider Verlag Hohengehren. S. 11.
  7. vgl. Geister 2010, S. 28.
  8. vgl. Geldern-Egmond 2000, S. 12.
  9. vgl. Geister 2010, S. 14.
  10. vgl. ebd.
  11. vgl. ebd.
  12. vgl. Geldern-Egmond 2000, S. 11.
  13. ebd. S. 13.
  14. vgl. ebd, S. 14.
  15. vgl. Geister 2010, S. 12-13.
  16. vgl. ebd., S. 15.
  17. vgl.Geldner-Egmond 2000, S. 11.
  18. vgl. ebd., S. 15-17.