Rhetorik

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Rhetorik (gr. rhetorike techne, deutsch Redekunst) ist die Kunst der Rede. Bereits in der Antike war sie als Fachgebiet bekannt. Ohne die Aufwertung des Gerichtswesens im antiken Griechenland wäre die Verbreitung der Rhetorik als Disziplin nur schwer vorstellbar gewesen. Vor allem der griechische Dichter und Philosoph Aristoteles beschäftigte sich mit dem System und dem Prinzip der Rede.[1]

Aristoteles

Im Folgenden wird ein Einblick in die Grundsätze der Rhetorik und der Erstellung einer Rede gegeben.


Redegattungen

Gerichtsrede

Die Gerichtsrede hat zwei Akteure, einen Ankläger und einen Verteidiger. Diese verhandeln in der Auseinandersetzung um die Gunst und Zustimmung des Richters. Durch den Versuch der Überzeugung der Gegenseite entsteht ein streng dialogischer Adressatenbezug.[2]

Festrede

Eine Festrede unterläuft den streng dialogischen Charakter der Gerichtsrede. Die allgemeine Annäherung an einen Sachverhalt sowie dessen Erörterung stehen hierbei eher im Vordergrund.[3]

Lob-, Gedenk- oder Totenrede

In dieser Variante der Festrede wird der Adressatenbezug zu den Zuhörenden in den meisten Fällen komplett aufgehoben, da diese Rede meist der Person oder dem Ereignis selbst dient. Im antiken Griechenland galt eine Lobrede meist dem Herrscher. In der frühen Neuzeit wurden diese Reden meist nicht mehr vom individuellen Charakter des Redners geprägt sondern von dem Zeremoniell, Muster oder Protokoll eines Hofstaats.[4]

politische Rede

Die politische Rede hat vor allem seit den 1930er-Jahren einen enormen Bedeutungszuwachs zu verzeichnen, nicht zuletzt durch die erleichterte Verbreitung über die aufgekommenen Massenmedien. Dabei wird jedoch der dialogische Charakter der Parlamentsreden der Antike weniger berücksichtigt. Die bereits angesprochenen Massenmedien sorgen für einen Adressatenbezug über den Gegenspieler hinaus.[5]


antike Redeschritte

Schon in der Antike wussten die Philosophen und Theoretiker, was heute immer noch gilt: eine gut strukturierte Rede hilft sowohl Redner*in als auch Zuhörenden. Redner*innen hilft sie dahingehend, dass die Rede schon in der Verfassung sowie auch in der Rezeption einem Schema folgt, was beides erleichtert und als roter Faden dienen kann. Es verhindert, wichtige Passagen an falschen Stellen vorwegzunehmen. Den Zuhörenden hilft es beim Verständnis des Inhalts der Rede und erhöht die Aufmerksamkeitsspanne. Die Überzeugung des Publikums, das Ziel einer fast jeden Rede, wird dadurch erheblich erleichtert. Aristoteles unterschied bereits in folgende Schritte:

Einleitung

Die Einleitung bezeichnet man auch als exordium (lat. exordium, deutsch Anfang). Sie bereitet die Zuhörenden inhaltlich auf den Hauptteil der Rede vor und sorgt für eine erste Annäherung zwischen Redner*in und Publikum. Während es in manchen besonderen Fällen angebracht ist, das Publikum mit einer Konfrontation zu überraschen, dient die Einleitung im Normalfall eher dazu, einen positiven Eindruck bei den Zuhörenden zu hinterlassen. Gerade bei kurzen Reden sollte man darauf unbedingt achten.[6]

Hauptteil

Der Hauptteil einer Rede unterteilt sich nochmal in drei Gliederungspunkte.

narratio

Die narratio (lat. narratio, deutsch Erzählung) soll das Thema und damit die allgemeinen Umstände der Rede offenlegen.[7]

dispositio

Die dispositio (lat. dispositio, deutsch Gliederung) legt dem Publikum die Reihenfolge dar, in welcher das Thema im Folgenden behandelt wird. Dies erleichtert den Zuhörenden das Verständnis und verhindert im Idealfall Irritationen wegen vorübergehender Unvollständigkeit.[8]

argumentatio

Die argumentatio (lat. argumentatio, deutsch Beweisführung) ist das Kernelement und zeigt die Beweggründe und die Argumentation der Rede auf.[9]

Gegebenenfalls kann auf einzelne Punkte im Hauptteil verzichtet werden, was jedoch im Einzelfall entschieden werden sollte.

Schluss

Der Schluss der Rede, auch conclusio (lat. conclusio, deutsch Schlussrede) sollte den Inhalt von narratio und argumentatio in möglichst kurzen und prägnanten Sätzen zusammenfassen. Beim Publikum bleiben die meisten Gedanken einer Rede, das wusste man schon in der Antike, im Schlussteil hängen.[10]


rhetorisches Dreieck des Aristoteles

Der griechische Philosoph und Dichter Aristoteles beschrieb eine Dreiecksbeziehung zwischen Redeinhalt, Redner*in und Zuhörenden als Grundvoraussetzung der Rede als Kunst. Dabei könne eine Rede nur gelingen, wenn alle drei Faktoren in angemessenem Maße ausgefüllt sind.[11]

Visualisierung des rhetorischen Dreiecks nach Aristoteles

Logos

Der Redeinhalt, auch als Logos bezeichnet, zeichnet sich vor allem durch die Glaubwürdigkeit der Argumente der Rede aus. So könne ein vertrauenswürdige Redner beziehungsweise eine vertrauenswürdige Rednerin das Publikum nicht überzeugen, wenn er oder sie nicht belegbare und unglaubwürdige Argumente vorlegt.[12]

Ethos

Der oder die Redner*in, auch als Ethos bezeichnet, zeichnet sich vor allem durch den Charakter aus. So könne ein nicht vertrauenswürdiger Redner beziehungsweise eine nicht vertrauenswürdige Rednerin das Publikum auch dann nicht überzeugen, wenn die vorgetragenen Argumente belegbar und glaubwürdig sind.[13]

Pathos

Das Publikum, auch als Pathos bezeichnet, zeichnet sich vor allem durch seine Gefühle aus. So könne der Logos nicht aufgenommen werden, wenn die Rede nicht an die Gefühle des Publikums appelliert und an diesen vorbeigeht.[14]


Hinweise für eine gute Rede

Kurt Tucholsky schrieb für eine gute Rede folgende Ratschläge nieder:[15]

- Verwendung von Hauptsätzen

- klare Vorstellung von der Rede im Gedächtnis, im Idealfall nicht oder nur wenig auf Papier

- Appelle und Tatsachen an die Gefühle des Publikums richten

- Varianz in der Stimme

- Länge von maximal 40 Minuten nicht überschreiten

- bei sich selbst bleiben, nicht versuchen etwas darzustellen, was man nicht ist


Anwendungsaufgabe

Verfasse eine Rede mit einer Länge von minimal fünf bis maximal sieben Minuten zu einem selbstgewählten Thema unter Beachtung der genannten Aspekte!


Einzelnachweise

  1. vgl. Autorenkollektiv: Modul Rhetorik. In: Blickfeld Deutsch. Hrsg. von Wolfgang Aleker, Kirsten Krebsbach u. Elfriede Kuntz. Paderborn: Schoeningh 2010 (=Blickfeld). S. 368 - 381. Hier S. 371.
  2. vgl. Blickfeld, S. 371.
  3. vgl. Blickfeld, S. 371
  4. vgl. Blickfeld, S. 371 f.
  5. vgl. Blickfeld, S. 372
  6. vgl. Blickfeld, S. 373.
  7. vgl. Blickfeld, S. 373
  8. vgl. Blickfeld, S. 373.
  9. vgl. Blickfeld, S. 373.
  10. vgl. Blickfeld, S. 373.
  11. vgl. Blickfeld, S. 371.
  12. vgl. Blickfeld, S. 371.
  13. vgl. Blickfeld, S. 371.
  14. vgl. Blickfeld, S. 371.
  15. vgl. Tucholsky, Kurt: Ratschläge für einen guten Redner. In: Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in 10 Bänden. Bd. 8. Hrsg. von Mary Gerold-Tucholsky u. Fritz J. Raddatz. Reinbek: Rowohlt 1975 (= Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in 10 Bänden). S. 292.