Expressionismus

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Der Expressionismus (lat. expressio - Ausdruck) ist eine literarische Bewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts. Themen wie Krieg, Großstadt, Zerfall und die Angst vor dem Ich-Verlust sind charakteristisch für die Epoche. Aber auch emotionale Themen, wie Wahnsinn und Liebe, waren Leitmotive der Künstler. Die Gedichte und literarischen Werke des Expressionismus lebten durch starke Übertreibung und ausladende Beschreibungen, durch düstere Wörter und Ausdrücke. Der Zerfall, der Krieg, Tod und das Leiden wurde ausdrucksstark wiedergegeben.

Historischer Hintergrund

Der Expressionismus bildet eine Gegenbewegung zum nicht künstlerisch, kalt und positivistisch empfundenen Naturalismus. Das größte Problem der Epoche des Expressionismus stellte das ständig wachsende Leid der Bevölkerung dar. Gründe dafür waren die Verstädterung, während der der Lebensraum des Einzelnen immer langweiliger und öder wurde. Aus diesem Verstädterungsmotiv entwickelt sich das Thema der Vorliebe für das negative Extrem. Die hier wichtigen Themen waren Selbstmord, Krankheit und Tod, sowie Verfall und Untergang. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es in Europa zu starken politischen Spannungen. Durch verschiedene internationale Krisen kam es zur Isolierung des deutschen Reiches, und die führenden Streitmächte in Europa begannen, für einen Krieg zu rüsten. Diese Machtspielchen um eine feste Position, führten 1914 zum ersten Weltkrieg. Auch die Industrialisierung war ein zentrales Motiv in der Epoche des Expressionismus. Die Industrialisierung brachte viele fremde Erfindungen. Die Menschen misstrauten der Revolution. Die Großstadt erdrückte sie, die Maschinen erschienen ihnen stumpf und ausdruckslos. Die Anonymität der Menschen wuchs rasch und führte zu einem starken Ich-Zerfall. [1]

Merkmale

Angst und Isolation aufgrund der historischen Begebenheiten gelten insgesamt als leitende Motive des Expressionismus. Auch der Tod ist ein großes Thema im Expressionismus, vor allem aufgrund des Ersten Weltkriegs und dessen Folgen. Für viele Autoren ist außerdem die Enthumanisierung der Menschen durch die Industrialisierung ein zentrales Thema: Die Furcht davor, dass die Gesellschaft all ihre Moralvorstellungen und Werte vergisst, die sie menschlich machen. Die Anonymität der Großstadt wird immer deutlicher spürbar. Auch kommen mehr Maschinen zum Einsatz, die Unternehmen werden größer und anonymisierter – wodurch sich der Mensch selbst zur Maschine gemacht fühlt. Damit einher geht die Angst vor Identitätsverlust. Diese Themen drücken sich auf ganz besondere Art und Weise aus. Viele Werke des Expressionismus in der Literatur zeichnen sich dadurch aus, dass sie keiner linearen Erzählung folgen, sondern gelegentlich wirr zusammengefügt wirken. Oft gibt es auch keinen gleich erkennbaren Zusammenhang zwischen den einzelnen Bildern, Szenen und Sätzen. Das stellt die Isolation und Verlorenheit der Autoren dar.[2]

Vertreter

Georg Heym

Georg Heym (1887-1912) wuchs in Berlin auf. Sein Vater war Staatsanwalt und auch er absolvierte eine Jurastudium und wurde anschließend promoviert. Heym unternahm eine Ausbruchsversuche aus der väterlich-bürgerlichen Welt und musste deswegen einmal das Gymnasium wechseln. Seine Tagebücher zeugen von Gefühlen der Langeweile und des Überdrusses gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft, vom Aufbegehren und Revolutionswillen. Als Lyriker schloss sich Heym 1910 dem "Neuen Club" an und stand häufig auf der Bühne des "Neopathetischen Cabarets". Dort fand er Gleichgesinnte und Förderer. Im Januar 1912 verunglückte er bei einem Schlittschuhlauf auf der Havel tödlich.

Georg Heym[3]

Der Gott der Stadt (1910)

Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.

Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.

Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frisst sie auf, bis spät der Morgen tagt.


Gottfried Benn

Gottfried Benn (1886-1956) war der Sohn eines protestantischen Pfarrers in der Provinz Brandenburg. Nach der Gymnasiallaufbahn studierte er auf dessen Wunsch Theologie und Philosophie, entschied sich dann aber für ein Medizinstudium und war als Militärarzt im ersten Weltkrieg tätig. Anschließend eröffnete er eine Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Seine wohl berühmteste Gedichtsammlung "Morgue und andere Gedichte" wurde 1912, kurz nach dem Ende seine Studiums veröffentlicht und schockierte die bürgerliche Öffentlichkeit durch den kalten, schonungslos analytischen Blick des Arztes auf den menschlichen Körper und dessen Zerfall.

Gottfried Benn[4]

Schöne Jugend (1912)

Der Mund des Mädchens
Das lange im Schilf gelegen hatte
Sah so angeknabbert aus
Als man die Brust aufbrach
War die Speiseröhre so löcherig
Schliesslich in einer laube unter dem zwerchfell
Fand man ein Nest von jungen Ratten
Ein jkleines Schwesterchen lag tot
Die anderen lebten von Leber und Niere
Tranken das kalte Blut
Und hatten hier eine schöne Jugend verlebt
Und schön und schnell kam auch ihr Tod
Man warf sie allesamt ins Wasser
Ach, wie die kleine Schnautzen quietschten

Quellenverzeichnis

  1. Vgl. Rudolph, Dennis: Expressionismus. Deutsche Literatur und Epoche. Verfügbar unter: https://www.frustfrei-lernen.de/deutsch/expressionismus-deutsche-epoche.html.
  2. Vgl. Essing, Hannah: Expressionismus in der Literatur: Die wichtigsten Merkmale. Verfügbar unter: https://abi.unicum.de/abitur/abitur-lernen/expressionismus-literatur.
  3. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Heym.
  4. Verfügbar unter:https://www.w1-media.de/autoren/gottfried-benn-787.